Die Angst vor einer Fernbeziehung
Es ist ja nicht so, als wenn die Welt untergehen würde. Oder doch? Das lässt sich nicht ausschließen. Jedenfalls nicht komplett. Wenn die Welt aus Gefühlen und Emotionen zusammengesetzt ist und jegliche Gesetze durch nur diesen einen Gedanken an „Sie“ außer Kraft gesetzt werden, dann kann schon passieren. Jedenfalls punktuell und für einen gewissen Zeitraum. Es ist dann wahrscheinlich dieses verliebt sein. Eventuell auch Liebe. Aber vor allem Angst. Angst davor, nicht Herr der Lage zu sein, die Kontrolle zu verlieren, im Abseits zu stehen und einfach nur abwarten zu können. Abwarten, dass die Tage wie Sekunden vergehen und man wieder ein Ganzes ergibt. Solche Gedanken gingen mir durch den Kopf, bevor es eigentlich richtig begonnen hat. Die Zeit vor der Fernbeziehung. Die Gewissheit, dass unsere Zeit nicht endlos ist und man jeden noch so kurzen Grashalm an gemeinsamer Zeit greifen will und alles andere in den Hintergrund rückt.
Aber wie führt man trotz dieser Ängste eine normale Beziehung?
Normal? Ich würde mich selbst nicht als normal bezeichnen. Und selbstverständlich ist meine Beziehung auch nicht normal. Sie ist besonders. Besonders einzigartig mit Highlights, die „Wir“ uns schaffen und die „Uns“ ausmachen. Doch die Zeit rast. Es hängt immer ein gedankliches Gewicht an dem Sekundenzeiger, der die Uhr antreibt. „Stooop!“ denke ich mir. „Anhalten…die Zeit sofort anhalten!“ Natürlich lässt man ab und zu den Partner an seiner Gefühlswelt teil haben, aber man sollte mit manchen Aussagen inne halten. Vor allem, wenn der Partner die Person ist, die in ein anderes Land geht. Kein fremdes Land. Heimatland. Ihre Heimat, die Sie um Erfahrungen zu machen verlassen hat, um später mit neuer Energie zurückzukehren. Und ich will trotzdem „Stooop!“ schreien und keinen Versuch ungenutzt lassen, Ihr zu zeigen, dass ich für „Uns“ kämpfe und dass es für mich nicht annähernd so leicht ist, wie es manchmal scheint.
Gemeinsame Vorstellungen
Zurück zur Frage. Für mich war es das Wichtigste zu wissen, dass wir gleich denken. Das nicht nur einer im Regen stehen gelassen wird uns das eine Aussicht auf ein „Wir“ besteht. Gibt es wirklich eine Aussicht? Ich heiße nicht Merlin oder Nostradamos. Keine Vorhersehungen oder Vorahnungen. Nur der Wunsch ist da. Der Wunsch, dass der kommende Tag nicht die Mauer ist. Eine, über die man nicht klettern kann. Es ist ja nicht so, dass alleine diese Aussicht einen diese ganze Situation ertragen lässt. Es ist eigentlich nur das Verdrängen des Tag X und das darüber im klaren werden, dass die Zeit im Moment das kostbarste Gut ist. Ein Gut, das man nicht so einfach bei Edeka kaufen kann, wenn man kurz vor 21 Uhr merkt, irgendwas fehlt heute Abend noch. Der Kühlschrank wird nicht mehr voller. Jeden Tag ein wenig mehr Platz für Dinge, für die ich überhaupt kein Platz schaffen will. Wenn es nach mir gehen würde, dann würde ich mir einen Kredit aufnehmen und einhundert Kühlschränke kaufen. Die Sekunden und Stunden sortieren und konservieren. In Kälte verlangsamt sich vieles. Biochemische Prozesse, die Bewegung von Molekülen, aber nicht die Zeit. Bis an diesen Punkt der Wahrnehmung zu kommen, hat es ein wenig gedauert. Viele unnötige kleine Spitzen der Verzweiflung später hat es klick gemacht.
Die Realität
Man kann einfach nichts dagegen tun. Auch nicht, wenn man sich wie ein Anker in die Ausgangstür verkeilen würde. Rein gar nichts…NADA…NIENTE. Genieße die Zeit, plane Dinge, mach die Zeit, die dir bleibt unvergesslich. So unvergesslich, dass ihr „Beide“ von diesen Erinnerungen zehren könnt. Für ein halbes Jahr an Erinnerungsvorrat muss da im Vorfeld einiges einzigartiges passiert sein. Einzigartiges, das „Ihr“ erlebt habt und „Euch“ verbindet. Denn in dieser Ich-Erzählung gibt es mindestens eine Person, für die es mit Sicherheit ähnlich schwer ist, eine geeignete Uhr zu finden, die sich „Ihrem“ Wunschzeitgefühl anpasst.
Ich lese oft wie schwer es viele in ihrer Fernbeziehung haben, da sie x-tausend Kilometer voneinander getrennt sind. Zeitverschiebung bis hin zu einem nicht unerheblichen finanziellen Faktor belasten die Beziehungen… da sind meine Sorgen gerade zu lächerlich und doch zerfressen sie mich.
Hatte die Hoffnung aufgegeben die Mrs. Right zu finden.
Mein fortgeschrittenes Alter von 43 Jahren hat etliche Spuren hinterlassen, was alles nicht einfacher macht. Du möchtest alles locker sehen und gelassen angehen, doch die Narben verhindern dies oft und du kannst es dir selbst nicht erklären weshalb das so ist.
Ich wie gesagt 43 Jahre und 2 Kinder im Alter von 6 und 12 Jahren habe doch tatsächlich meine Mrs. Right gefunden. Man(n) hatte ja schon hier oder da ein kleines Verhältnis, doch die Kinder blieben außen vor bis man sich wirklich sicher ist… bis jetzt.
Haben uns vor 4 Monaten im Internet kennen gelernt. Sie ebenfalls geschieden und eine Tochter mit 13 Jahren. Die Distanz von knappen 500km ist gegenüber vielen anderen nahezu lächerlich. Vor 3 Monaten haben wir uns dann das erste Mal getroffen und wir waren sofort hin und weg. Eine Woche später habe ich sie gefragt ob wir inkl. meinem kleinen Zelten gehen (getrennte Zelter) um uns einfach kennen zu lernen. Da ich nicht vor dem kleinen einer „fremden“ Frau um den Hals falle, schien mir diese gezwungene Distanz ideal… es war so wie wir uns das vorgestellt hatten. Wir lernten uns besser kennen und *wooowww*
Hatten uns dann so oft als möglich an den Wochenenden gesehen, was auch ging, da ihre Tochter im Urlaub war und sie dadurch sehr flexibel war.
Dann kam die Urlaubszeit und wir hatten wirklich durch Zufall 2 Wochen zusammen Urlaub (alles Zufall, da dies ja schon lange geplant war). Wir hatten auch beide noch nichts festes vor und waren uns einig… wir machen gemeinsam Urlaub und die Kinder lernen sich kennen indem alle ins kalte Wasser geworfen werden.
Mit den Kindern hat im Grunde toll funktioniert und ich war von Tag zu Tag begeisterter von dieser doch so perfekten Frau.
Nun hat uns der Alltag wieder, wir telefonieren alle 2 Tage und kommunizieren jeden Tag auch sehr viel. Mit dem Alltag kommen aber auch meine verfluchten Gedanken, Narben und und und. Ich würde sofort zu ihr ziehen.
Keine beeindruckende Gegend, aber auch hier kann man sich etwas aufbauen, da wäre ich flexibel und für alles offen. Doch was ist mit meinen Kindern. Ich habe sie alle 2 Wochen an den Wochenenden. Ab und an auch unter der Woche, wie könnte ich dies jemals geregelt bekommen? Als Fertigungsleiter habe ich auch einen gewissen Hierarchielevel erreicht, würde ich hier einen entsprechenden Job finden? Habe u.a. ja auch finanzielle Verpflichtungen gerade meinen Kindern und Exfrau gegenüber.
Ein Zusammenziehen ist sicher noch etwas entfernt, aber es macht mich verrückt dafür noch keine Lösung zu haben.
Dann überlege ich ob SIE es auch so ernst meint wie ich und fange an zu kontrollieren… ist sie online, ja ist sie. Sie schreibt aber nicht mir, wem dann? Ist ihr vielleicht die Distanz doch zu weit und die dadurch verbundenen Schwierigkeiten zu groß? …die Narben lassen grüßen.
Ansprechen brauche ich dies ehrlich gesagt nicht bei ihr, ich weiss dass sie mich wirklich mindestens genauso liebt. Das sie mich jederzeit und immer gerne bei sich hätte… und doch macht mein „verdammter“ Kopf mir das Leben nicht einfach.
Hattet ihr anfangs auch so Startschwierigkeiten? Es ist meine erste Fernbeziehung… und auch meine letzte da ich ja meine Traumfrau gefunden habe 🙂 Gibt es jemand der eine Fernbeziehung hatte, mit der zusammen gezogen ist und auch Kinder aus erster Ehe hatte? Wie habt ihr dies gelöst? Ab wann spricht man über ein zusammenziehen?
Ich würde mich freuen auch eure Erfahrungen zu lesen und von euren Lösungen zu lernen – Bis bald…