Dublin-Die Stadt der muszierenden Prozente

14. November 2014, 7:30 Uhr

Der Wecker klingelt. Ich versuche die Augen zu öffnen. Trage mich mit müden Beinen zum Fenster des Hostels und spähe hinaus in den Innenhof. Nichts…ich sehe nichts außer einer Wäscheleine, an der eine neongelbe Gummiente hängt und die in einem grauen Schleier von Nebel verschwinden zu scheint. Ein düsterer Schleier, der mich gedanklich inklusive der Ente für immer mit Dublin verbinden lässt. Das sind die ersten Eindrücke, die ich an dem Freitag Morgen wahrnehme. Im Hintergrund höre ich meinen Bruder laut atmen. Er schnarcht. Aber nach dem ersten Abend in Dublin, mit einmaliger Livemusik und einigen Pint´s Guinnes in der Blutbahn, nimmt man nicht mehr viel wahr. Mein Bruder bezeichnet sich immer als Typ, der das düstere liebt und die kalte Novemberluft mehr als zu schätzen weiß. Ich hingegen, war nie ein Freund von grau in grau und der Kälte. Aber Dublin ist für mich die einzige Stadt, die genau diese Aspekte in einer unbeschreiblichen Atmosphäre vereint. Wer überlegt nach Dublin zu reisen und sich erhofft eine farbenfrohe Stadt zu finden, den muss ich enttäuschen. „Die graue Perle der grünen Insel“ wird dich auch ohne Farbe fesseln.

Die Anreise

Nach 2 Beruhigungsbier beginnt für mich der Flug. Es ist wie ein Ritual, dass ich vor jedem Flug konsequent zelebriere. Ich werde einfach entspannter und kann den Flug genießen. Viele Passagiere schauen mich entrüstet an und denken sich ihren Teil. Sobald die Ryanair Musik ertönt, die Flugbegleiterinnen mit ihrer Choreografie beginnen, das Lämpchen zum anschnallen aufleuchtet und ich höre, wie die Triebwerke hochfahren, geht mir der Arsch auf Grundeis. Der Druck, der sich langsam aufbaut, wenn man in den Sitzt gepresst wird, das Gefühl von Geschwindigkeit und der Moment, wenn das Flugzeug zum ersten Mal die Startbahn verlässt, ist einfach immer wieder eine Mischung aus Himmel und Hölle. Doch Sobald man über die Wolken gleitet und das Lämpchen wieder erlischt, ist die Anspannung weg.

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2 Stunden und 15 Minuten später schaue ich aus dem rechten Fenster über die Tragflächen hinweg und sehe die Ostküste von Dublin. Dieser atemberaubende Moment, wenn sich die raue Küste mit dem satten leuchtenden Grün Irlands vermischt, war einer der bleibendsten Momente meiner Reise.

Das Fazit der Anreise

Ryanair ist nichts für Prinzessinnen, aber um günstig in Europa unterwegs zu sein, ist die Fluggesellschaft definitiv mehr als in Ordnung. Hin- und Rückflug kann man schon für 80 € pro Person buchen. Ich empfehle dir zwei oder drei Monate im voraus zu buchen, um einfach sehr günstig zu reisen. Der Flug von Berlin Schönefeld nach Dublin dauert in etwa 2:30 Stunden.

Der Dublin Airport

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Es ist wirklich super einfach sich auf dem Dublin Airport zurecht zu finden. Vor dem Ausgang sind die Busterminals der blauen Busflotte „Aircoch“. Ich werde von den Guides der Flotte förmlich in den Bus gedrückt. Nach knapp 10 Kilometern neuen Eindrücken und 8 € weniger in der Tasche, schiebt uns der Bus über die Stadtgrenze.

Transferbusse vor dem Dublin Airport

Das Avalon House

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Das Avalon House fügt sich nahtlos in das düstere Dublin ein. Ich sehe Rote Backsteine, Bögen und einen Eingang, der in einer schmalen Gasse verborgen liegt. Der Check In ist unkompliziert und wir werden mit allen nur möglichen Stadtkarten, Flyern und Werbeartikeln versorgt, die uns auf den üblichen Touristenpfad führen sollen. Aber nicht mit uns. Keine 5 Meter später lächelt mich ein Mülleimer an, in dem alle lästigen Papiere geräuschlos verschwinden. Die Zimmer sind recht einfach gestrickt und wirklich nur mit dem Nötigsten ausgestattet, aber für unsere Zwecke war das ein Paradies.

Das Avalon House

Kleiner Tipp

Nehmt ein paar Euros mehr in die Hand. Das Frühstück ist schon ganz in Ordnung im Avalon House, aber in einheimischen Dubliner Cafe´s, die genauso urig wirken, wie die Häuser in denen sie sich befinden, sind ein echter Geheimtipp. Der Kaffee ist stark und ein „English Breakfast“ ist die beste Möglichkeit, die Pint´s vom Vorabend zu neutralisieren.

Das beste Katerfrühstück gibt es in Simon´s Place

Der Phoenix Park

Mein Bruder ist ein Wanderer und Naturgeist vor dem Herren. Ich hingegen mag es warm und unbeweglich. Trotzdem hab ich mich überreden lassen und bin mitgegangen. Der Übergang von der Stadt zum Phoenix Park ist nicht wirklich spürbar gewesen. Wir gingen eine ganze Zeit an der Liffey entlang bis ich merkte, dass sich die Umgebung langsam entzwängt und wir uns in einem Stadtpark befinden. Es ist natürlich nicht irgendein Stadtpark, sondern einer der größten Europas. Er ist groß. Riesig um es genauer auszudrücken. Aber was macht man mit so viel Platz? Man schafft sich freilaufende Hirsche an.

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Als ich links über die Straße schaute und in weiter Entfernung Hirsche sah, dachte ich zuerst, dass ich halluziniere, aber als mein Bruder die Kamera rausholte, spürte ich eine Erleichterung. Keine Halluzinationen! Es laufen mehr als ein Dutzend Hirsche durch den Phoenix Park, ohne sich aus diesem zu bewegen. Ich hätte die Burschen rein theoretisch auf einen Pint einladen können. Chance verpasst!

Der Phoenix Park

Die Küste Howth

Ich muss mich wiederholen. Ich mag es nicht wenn es kalt und windig ist.

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Aber irgendwas hat die steife irische Briese. Es ist fast so, als wenn man sich umringt von der steifen Brise in vollkommener Freiheit befindet. Und genau deshalb zieht es so viele Einheimische und Touristen nach Howth. Es ist hier so, als wenn die Uhren 30 Jahre zurückgestellt worden wären. Mindestens ein Dutzend Fischerboote, Fischrestaurants, die täglich mit frischem irischen Fisch versorgt werden, ein Leuchtturm, ein paar finstere Gestalten, die einst kräftige Seebären waren und nun nur noch dem täglichen Geschehen am Hafen mit ihren Augen folgen. Sattes Grün, Häuser, die sich in Richtung Klippen erstrecken und Palmen. Palmen???

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Hört sich doof an, aber Palmen können in Irland wachsen. Der Golfstrom beeinflusst die Vegetation Irlands sehr. Im Durchschnitt wird auch im Winter 4°C nicht unterschritten. Damit herrschen optimale Bedingungen für das Wachstum von Tropengewächsen. Von Dublin nach Howth fährt man typisch mit der DART. Wir sitzen in der DART. Die Menschen gegenüber von mir sehen aus wie waschechte Iren. Rote Haare, blasse Haut, ein paar Sommersprossen und der typisch irische Akzent. Während sich die DART in Bewegung setzt, schaue ich aus dem Fenster. Alte zerfallene Häuser und Lagerhallen reihen sich aneinander.

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Höhere Gebäude werden von immer kleiner werdenden Häusern abgelöst. Bald ist es nicht mehr das düstere Dublin, sondern das gut bürgerliche Vorort-Dublin. Wieder das satte Grün. Grün, grün, grün. Blau, blau, blau. Blau?Schlagartig wechselt meine fast schon nostalgische Stimmung. Ich sehe mich umringt von Wasser. Mein Bruder öffnet die kleinen Dachfenster der DART und die erste Küstenbrise saust herein. Möwengeschrei, graue Wolken, Bäume, die sich von einer zur anderen Seite biegen und Blätter, die über den Strand und das Meer hinausgetragen werden. Die DART fährt fast schon zögerlich in den Bahnhof von Howth ein. Als wenn der alten Dame der Gegenwind zu schaffen gemacht hätte.Und da sind wir. Howth. 14:00 Uhr. Mit knurrendem Bauch. Und genau das ist noch ein Grund, warum so viele Menschen nach Howth fahren. Die kleinen und ursprünglichen Fischrestaurants in denen fangfrischer Fisch serviert wird.

Die Küste Howth

Der Temple Bar District

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Nichts verbinde ich mehr mit dem düsteren Dublin, als der noch düstere Temple Bar Distrikt. Schmale, schwach beleuchtete Kopfsteinpflastergassen, die von den Jahrzehnten gezeichneten Gebäude und die vielen Pub´s. Pub´s aus denen Livemusik tönt und in die sich Hunderte von Menschen Quetschen. Alle wollen Teil des Temple Bar Lebens sein. Es ist ein unbeschwertes Leben. Man hört der irischen Livemusik zu und lässt sich mit Pint´s die Sinne vernebeln. Meine Füße zucken. Nicht durch Muskelkontraktion, sondern durch die Musik. Sie durchströmt jede Faser meines deutschen Touristenkörpers. Es kommt mir so vor, als wenn Guinnes das Leitmedium der irischen Musik wäre. Je eindringender die Musik wird und desto mehr Pint´s Guinnes über die Theke gleiten, desto mehr Lebensfreude wird versprüht. Mein Bruder ist wie paralysiert von dieser Stimmung. Wir beide zwängen uns immer wieder durch die Massen, um noch ein Pint von dem schwarzen Gold Dublin´s zu bekommen. Es dreht sich alles und die Umgebung scheint zu verschwimmen. Im Augenwinkel sehe ich noch den Eingang des Avalon House und schaffe es noch mit einem zugekniffenem Auge die Zimmertür zu öffnen. Krach…Bums…So in etwa waren die Geräusche zu deuten, als mein Bruder in sein Bett geglitten ist. 

Bad Bobs

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Ein Pub, in dem das Wort „Livemusik“ erfunden worden scheint. Anders ist die Atmosphäre im Bad Bobs nicht zu beschreiben. An diesem Abend saß ich mit meinem Bruder wie hypnotisiert vor Craig und Ciara, die mehr als 3 Stunden unseres Lebens in vollkommene Gänsehaut gehüllt haben.

Das Bad Bobs (Gänsehaut inklusive)

Craig und Ciara

Temple Bar

Die Temple Bar ist das Herzstück des District´s. Es ist definitiv der Touristen Hot Spot im Dubliner Nachtleben, aber die Stimmung ist wie in allen Pub´s in Dublin auf dem Siedepunkt. Besser oder schlechter gibt es hier nicht. Es gibt nur nüchtern vs. Betrunken oder leer vs. voll.

Die Temple Bar 

Reisedauer

Für mich ist jeder Städtetrip gleich. Jedenfalls wenn es um die Reisedauer geht. 3 Nächte. Donnerstag bis Sonntag. Man kann ohne Probleme mal einen Freitag frei bekommen und hat trotzdem genügend Zeit für Sightseeing.

Dublin ist für mich

Düster und charmant. Klein und laut. Ursprünglich und eigen. Marode und dreckig. Grün und rot. „Für mich ist es die Stadt der musizierenden Prozente.“

 

Mit bestem Gruß

Wolfgang